Resolution

 
 


"Kyoto-Protokoll wegschmelzen - Klimakonferenz verhindern"

Resolution des 30. BundesÖkologieTreffens in Augsburg


     Seit der 1.Weltklimakonferenz 1979 versuchen sich die Regierungen auf
     ein Programm zur CO2-Reduktion zu einigen. Dies ist bisher regelmäßig
     fehlgeschlagen, so in Rio de Janeiro 1992, in Kyoto 1997 und zuletzt in
     Den Haag 2000. Da in Den Haag die Umsetzungsrichtlinien des
     Kyoto-Protokolles gescheitert sind, sollen nun vor dem nächsten
     Klimagipfel 2002 in Marakesh auf einem Zwischengipfel in Bonn diese
     genauer bestimmt werden. Das Protokoll ist eindeutig auf die Interessen
     der Wirtschaft ausgerichtet, und trägt keineswegs zum Klimaschutz bei.
     Aus folgenden Gründen ist das Kyoto-Protokoll zu verhindern:


     1. Kyoto erlaubt eine Steigerung der CO2-Emissionen
     Laut IPCC, dem wissenschaftlichen UN-Gremium "Intergovernmental Panel
     for Climate Change", ist eine sofortige Reduktion des weltweiten
     CO2-Ausstoßes um 60% notwendig, um das globale Klima zu stabilisieren.
     Nach dem aktuell verhandelten ?Kyoto-Protokoll" würden sich die
     Industrieländer aber nur zu einer Reduktion von 5,2% je nach Land bis
     2008 oder 2012 verpflichten, obwohl sie als Hauptverursacher der
     Emissionen 80% laut IPCC einsparen müßten. Dank fragwürdiger Methoden
     und etlichen Schlupflöchern in den Umsetzungsrichtlinien läßt das
     Kyoto-Protokoll sogar eine deutlich Erhöhung der CO2-Emissionen zu: Der
     Bau und Betrieb von Atomkraftwerken sowie Aufforstungen sollen als
     CO2-reduzierende Maßnahmen anerkannt werden. Zudem dürften
     Erlaubnisscheine für eine CO2-Produktion an den Börsen gehandelt werden.
     Eine Wende zum Energiesparen und eine Förderung regenerativer
     Energieträger würde damit nicht erfolgen.


     2. Kyoto dehnt marktwirtschaftliche Verwertungslogiken aus
     Im Kyoto-Protokoll geht es um verschiedene treibhauswirksame Gase, allen
     voran das CO2. Gemessen wird alles in CO2-Äquivalenten. Damit werden die
     Voraussetzungen für eine Vermarktung der Luft geschaffen, das bedeutet
     Profit statt den Klimaschutz zu fördern. Luft wird nicht mehr länger
     allen gehören, sondern das Recht, sie zu belasten, wird kauf- und
     verkaufbar - und damit z.B. akkumulierbar, d.h. das Recht auf
     Luftbelastung wird Stück für Stück in die Hand weniger übergehen, eben
     der zahlungskräftigsten und durchsetzungsstärksten Konzerne. Kyoto
     bedeutet daher eine Ausdehnung der Vermarktungslogik - und ist somit
     eine klassische Form des Neoliberalismus.


     3. Die Debatte um Kyoto verhindert eine wirkungsvolle Klimaschutzdebatte
     Die Klimadebatte der Vereinten Nationen verschlingt gigantisches
     Potential - zeitlich, materiell sowie finanziell und zerstört die
     Hoffnungen von vielen Menschen, denen der Klimaschutz wichtig ist. Das
     geht soweit, dass inzwischen sogar die meisten Umweltverbände (zumindest
     in Deutschland) auf Kyoto und immer mehr auch auf die verantwortlichen
     PolitikerInnen in der Bundesregierung und EU setzen - eine absurde
     Situation angesichts dessen, wer eigentlich weltweit die Scharfmacher in
     Sachen neoliberaler Verschärfung, Erhöhung sozialer Ungerechtigkeiten
     usw. sind.


     4. Kyoto schafft eine rechtliche Absicherung für den Ausstoß von
     Treibhausgasen
     Mit dem Kyoto-Protokoll wird eine Vermarktungslogik von
     Luftverschmutzungsrechten eingeführt. Es ist zu erwarten, daß auch für
     sog. Entwicklungsländer in weiteren Phasen des Kyoto-Prozesses
     Obergrenzen definiert werden. Dann wird vollendet, was jetzt beginnt:
     Stück für Stück werden sich die Reichen die Emissionsrechte sichern -
     und damit nicht nur das Recht, Umwelt weiter zu zerstören, sondern auch
     die Chance, sich weiter zu industrialisieren. Die globale
     Ungerechtigkeit könnte steigen. Die Industrienationen legalisieren ihre
     Umweltzerstörung mit Hilfe von neuen Gesetzen - Kyoto ist die rechtliche
     Absicherung des Weiterbetriebs der Verschmutzungsanlagen. Eine Parallele
     zum ?Atomkonsens" ist unübersehbar.


     Kyoto verhindern!
     Daraus folgt: Kyoto verhindern. Endlich wieder Umweltschutz einfordern
     und verwirklichen! Staaten und Konzerne sind Verursacher von
     Umweltzerstörung und sozialen Ausbeutungsverhältnissen. Die Vereinten
     Nationen sind bedauerlicherweise zur Zeit von neoliberalen Staaten
     dominiert, die mit ökonomischen und militärischen Mitteln ihre
     Interessen durchsetzen. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass eine
     Kooperation mit diesen Partnern zum Ziel führt.

     Wir fordern als kurzfristige und langfristige Ziele:
     Wenn überhaupt in CO2-Äquivalenten gedacht werden soll, dann muß das
     "Recht auf Verschmutzung" den Menschen selbst übergeben werden, die
     diese verleihen oder in kooperative Strukturen (z.B. Energiegewinnung,
     Produktion) einbringen, nicht aber verkaufen können. Damit liegt die
     Gestaltungsmacht und die Entscheidungsfrage über den Klimaschutz bei den
     Menschen. Sie sind diejenigen, die unmittelbar ein Interesse an einer
     lebenswerten Umwelt haben - nicht die Regierungen und Unternehmen, die
     nach dem Kyoto-Protokoll Inhaber der Verschmutzungsrechte sein sollen.
     Die Festlegung von CO2-Äquivalenten kann nur für eine begrenzte Zeit als
     Notmaßnahme gelten, weil sie immer mit Kontrolle und Festlegung von
     Bewertungsmaßstäben verbunden.

     
 

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