Zu der Forderung nach Ökologisierung der Mensen gehört als Kernpunkt
die Verwendung von Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA). Wenn
man nun Studierende fragt, warum kbA-Produkte für uns in der Mensa so
wichtig sind, kommt häufig die Aussage, "Ökoprodukte" seien
gesünder. Natürlich kann eine umweltfreundlich erzeugte Ware auch der
persönlichen Gesundheit dienen, sie muß es aber nicht. Sie
hängt viel mehr von den jeweiligen Lebens- und Eßgewohnheiten ab als
von möglichst unbelastetem Obst und Gemüse. Viel wichtiger als der
angebliche und unbewiesene Eigennutz bei dem Konsum von "Ökoware" sollte
jedoch der Schutz und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage sein, die
- was den Artenschutz angeht - weit mehr als von Verkehr und Industrie von der
modernen Landwirtschaft gefährdet ist.
Um zu erkennen, warum es so wichtig ist, den ökologischen Landbau aktiv
über ein Ökoessen in den Mensen zu fördern, seien hier
stichpunktartig einige Grundlagen aufgelistet:
* der Aufbau eines vielfältigen und weitgehend in sich geschlossenen
Betriebsorganismus (z.B. Kombination von Tierhaltung und Pflanzenbau mit
abwechslungsreicher Fruchtfolge) als wichtigstes Ziel
* geringstmöglicher Verbrauch an nicht erneuerbaren Ressourcen
* Verwirklichung einer vielfältigen Produktion und vielseitigen
Betriebsstruktur mit verschiedenen Pflanzen- und Tierarten ohne
übertriebene Spezialisierung
* bewußter Verzicht auf naturfremde Stoffe (leichtlösliche
Mineraldünger und chemisch - synthetische Pflanzenschutzmittel)
* beschränkter Tierbesatz in Relation zur Futterfläche (um
Auswaschung durch Überdüngung zu verhindern und ausreichend eigene
Futtermittel zu haben), möglichst kein Import von Futtermitteln in den
Betriebskreislauf
* Förderung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit
* Förderung bewährter Kultursorten (z.B. möglichst Vermeidung
von Hybridsorten) und Zuchtrassen (z.B. statt reine Zucht auf Milchleistung
eine Zucht auf Lebensleistung), insbesondere im Hinblick auf
Schädlingsresistenz und Tiergesundheit
* Ablehnung der Gentechnik
* bewußte Landschaftsgestaltung durch Biotoperhaltung, Hecken und
Ackerraine.
Diese Liste ist natürlich nicht vollständig, und wer sich näher
mit der Theorie und Praxis des ökologischen Landbaus beschäftigen
will, dem ist die Literatur im Anhang oder ein Einführungskurs bei den
unten genannten Stellen zu empfehlen.
Neben den produktionstechnischen Zielen verfolgt der ökologische Landbau
aber auch soziale Aspekte, wie zum Beispiel:
* Mitwirkung an der Lösung des Welthungerproblems durch Vermeidung
importierter Futtermittel aus den "3.Welt"-Herstellungsländern, da durch
deren Erzeugung das Angebot an Grundnahrungsmitteln sinkt
* Schaffung einer sicheren Existenz auf Basis befriedigender Lebensbedingungen
und angemessenen Einkommens für die Landwirtschaft.
Neben der Verbrennung fossiler Brennstoffe und den Brandrodungen der tropischen
Regenwälder ist auch die zumeist sehr intensive landwirtschaftliche
Produktionsweise in den westlichen Industrieländern mit jeweils 3 bis 6
Prozent (BRD ca. 4 %) an den CO2-Emissionen beteiligt. Nach HAAS und KÖPKE
(1994) liegt der gesamte direkt zuordnebare Energieeinsatz je Fläche bei
ökologisch wirtschaftenden Betrieben etwa zwei Drittel niedriger (6,6
GJ/ha pro Jahr) als vergleichbare konventionelle Bewirtschaftung (19,4 GJ/ha
pro Jahr). Das ist vor allem auf die mineralischen Stickstoffdünger und
die Futtermittelimporte zurückzuführen.
Anerkannte Verbände des ökologischen Landbaus
Die Verbände haben jeweils eigene Richtlinien, nach denen sie ihre
Betriebe kontrollieren und dann nach erfolgreicher Kontrolle eigene
Warenzeichen vergeben. Zusätzlich bieten einige Verbände
Serviceleistungen, wie z.B. Beratung, Vermarktungshilfen und Fortbildungen an.
Die AGÖL versucht als Zusammenschluß die Interessen aller zu
vertreten, wie z.B. bei der Diskussion über die EG-Verordnung oder
Förderungsprogramme.
Seit 1992 gibt es die EU-Verordnung "Ökologischer Landbau" 2092/91/EWG,
die die Begriffe "Biologisch" und "Ökologisch", sowie alle anderen
Begriffe, die auf ökologische Landwirtschaft hinweisen könnten, unter
Schutz stellt. Dazu schreibt sie Richtlinien vor, wie ein
landwirtschaftlicher Betrieb wirtschaften muß, um seine Produkte
entsprechend kennzeichnen zu dürfen. Damit heben sich Ökoprodukte
eindeutig von sogenannten Pseudo-Bioprodukten ab. Jedoch gewährleistet der
EU-Kontrollvermerk ("Ökologische Agrarwirtschaft-EWG-Kontrollsystem")
bislang nur im pflanzlichen Bereich Sicherheit, schließt aber weniger
konsequenten "ökologischen" Landbau nicht ganz aus. So ist zum Beispiel
auch eine Teilumstellung des Betriebes möglich und eine langfristige
Umstellung nicht gefordert. Die Richtlinien der Ökolandbau-Verbände
gehen eindeutig über den gesetzlichen Mindestschutz der EG-Verordung
hinaus. Die Warenzeichen der anerkannten deutschen
AGÖL-Landbauverbände garantieren derzeit die konsequentesten
Ökoprodukte.
Sowohl die Anbauverbände als auch die EG kontrollieren die Erzeuger/innen-
und Verarbeitungsbetriebe, die kbA-Produkte verkaufen. Jeweils einmal im Jahr
werden routinemäßige Kontrollen durchgeführt, wobei es
zusätzlich auch zu außerplanmäßigen und im Verdachtsfall
unangekündigten Betriebsbesuchen kommen kann.
Jan Plagge (BSÖ-Themensprecher "Ökologischer Landbau")
Wenn jemand mehr über ökologischen Landbau wissen möchte, sollte
sie/er sich an die Verbände oder aber an die SÖL (Stiftung
Ökologie & Landbau, Weinstraße Süd 51, 67098 Bad
Dürkheim, Tel.: 06322/8666) wenden, die eine ausführliche
Literaturliste bereit hält, sowie viele kleine Broschüren und
Faltblätter herausgegeben hat. Sie gibt auch die sehr lesenswerte
Fachzeitschrift "Ökologie & Landbau" heraus, die 4x
jährlich erscheint.
Weiterhin führen fast alle Verbände Einführungskurse für
Praktiker/innen und Interessierte durch. Ebenfalls einen Einführungskurs
organisiert die Initiative WOOF ("Willing Workers on Organic
Farms", Freiwillige Helfer auf ökologischen Höfen, Thalhauser
Fußweg 30, 85354 Freising), bei der man Mitglied werden kann (20
DM/Jahr). Man bekommt dann eine Liste von deutschen und internationalen
Betrieben, bei denen man für einige Stunden Mithilfe am Tag freie Kost und
Logis bekommen kann und so den ökologischen Landbau einmal "live" erleben
kann.
(siehe auch Literatur- und Adressenliste)
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